Zertifiziertes Darmzentrum am Marienhospital Aachen
Im zertifizierten Darmzentrum des Marienhospital Aachen verfolgen die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimalinvasive Chirurgie und die Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Interventionelle Endoskopie das Ziel, allen Patienten mit Darmerkrankungen (Tumoren, Karzinome, Entzündungen) zu jedem Zeitpunkt die simultane Betreuung beider Fachdisziplinen zukommen zu lassen. Die Strategie des Darmzentrums umfasst dabei sowohl die ambulante als auch die stationäre Behandlung.
Patienten mit eindeutigen Befunden und festgelegten Therapiewegen werden direkt ihrem Behandlungsschwerpunkt zugeordnet. Bei unklaren Beschwerden, die sich nicht sofort eindeutig klassifizieren lassen, werden die Betroffenen bei der Aufnahme simultan von beiden Kliniken fachärztlich beurteilt, so dass die primär aufnehmende Klinik gemeinsam ausgewählt werden kann. Bessert sich der Zustand des Patienten nach 24 Stunden nicht ausreichend, erfolgt in einem Second-look-Verfahren die erneute Beurteilung durch beide Partnerkliniken.
Die Patienten profitieren durch sehr kurze Wege und klare Absprachen. Da die Diagnostik gemeinsam geplant wird, lassen sich auch unnötige Doppeluntersuchungen vermeiden. Tumorfälle werden zusätzlich in der wöchentlichen Onkologischen Konferenz diskutiert.
Wurde die Entscheidung für eine behandelnde Fachdisziplin getroffen, ist das Behandlungsteam dieser Klinik dann zunächst primärer Ansprechpartner und Therapieverantwortlicher. Eine Rücksprache mit der Partner-Disziplin kann aber natürlich auch dann noch auf kurzem Dienstweg, also unbürokratisch und ohne formale Konsilanforderung erfolgen. Interdisziplinäre Visiten werden im Bedarfsfall eingesetzt.
Die gemeinsame Beurteilung von Patienten ist auch im Sprechstundensystem integriert. Beide Kliniken bieten spezialisierte Sprechstunden für Darmerkrankungen an, die auf gezielte Zuweisung tätig werden. Der Austausch erfolgt dann während der laufenden Sprechstunde in interdisziplinären Vorstellungen.
Ein laufend aktualisierter Fortbildungskalender bildet relevante Themen für beide Kliniken ab. Dadurch wird neben der Vertiefung fachlicher Expertise auch die Förderung des interdisziplinären Verständnisses erreicht. Quartalsweise ist ein interdisziplinärer Qualitätszirkel etabliert, der die aktuelle Kooperation kritisch reflektiert, nach Bedarf Behandlungspfade anpasst und neue Formen der Zusammenarbeit diskutiert.
Zertifizierung
Das Darmzentrum am Marienhospital Aachen wurde 2019 nach DIN EN ISO 9001:2015 durch den TÜV Rheinland zertifiziert und unterliegt einer ständigen externen Evaluation.
Häufige chirurgische Krankheitsbilder
Divertikulitis
Was sind Divertikel eigentlich?
Als Divertikel beschreibt man kleine Wandausstülpungen im Magen-Darm-Trakt. Sie gibt es tatsächlich an Speiseröhre, Magen, Zwölffingerdarm, Dünn- und auch Dickdarm – also von oben bis unten. Am häufigsten treten sie aber am Dickdarm auf, alle anderen Lokalisationen sind deutlich seltener. Und so wird die Bezeichnung Divertikel landläufig mit Veränderungen am Dickdarm gleichgesetzt.
Der Dickdarm schließt im Nahrungsweg an den Dünndarm an. Zu seiner Hauptfunktion gehört die Wiederaufnahme von Wasser. Der Stuhl mündet aus dem Dünndarm kommend flüssig in den ca. 150 cm langen Dickdarm ein, wird in seiner Passage eingedickt, dann gesammelt und schließlich ausgeschieden. Divertikel entstehen im Dickdarm in der Regel im Rahmen eines Alterungsprozesses, der wie an vielen anderen Stellen des Körpers auch hier zu einer Schwäche des Bindegewebes führt. Dort wo Gefäße durch die Darmwand treten, entstehen so mit dem Alter kleine Lücken, durch welche sich innere Wandanteile nach außen drücken. Diese Konfiguration ergibt das typische, äußere Bild, bei dem der Darm wie von Bläschen besetzt wirkt. Divertikel können sich im gesamten Dickdarmrahmen bilden. Besonders häufig sind aber die unteren Dickdarmabschnitte betroffen, denn hier ist der Binnendruck durch den eingedickten Stuhl am stärksten. Typischerweise ist der S-Darm im linken Unterbauch, das sogenannte Sigma, befallen. Dazu kommen aber auch noch eine genetische Disposition und Ernährungseinflüsse. Divertikel und die daraus folgenden Beschwerden und Erkrankungen sind eher ein Phänomen westlicher Industrieländer. International bieten Europa, die USA, Kanada und Australien die höchsten Zahlen, während Divertikel in Asien oder Afrika deutlich seltener sind. In Deutschland tragen ab 60 Jahren ca. 50% der Bevölkerung Divertikel. Mit dem Alter steigen die Zahlen exponentiell weiter an.
Erst die Divertikulitis macht die Krankheit
Der Nachweis einer Divertikulose z.B. im Rahmen einer Spiegelung oder einer CT beschreibt zunächst nur ein Phänomen. Erst die Entzündung lässt die Aussackungen zu einer Krankheit werden. Diese sogenannte Divertikulitis entsteht, wenn sich Stuhl in den Divertikeln ansammelt und festsetzt. Die Divertikel können sich nicht selbständig entleeren. Die Bakterien im Stuhl überwuchern dann, was den Druck auf die dünne Divertikelwand so lange erhöht, bis Bakterien in die Wand einwandern können und diese entzünden. Da das Sigma die meisten Divertikel trägt und den höchsten Binnendruck (Hochdruckzone) aufweist, tritt hier auch die Divertikulitis am häufigsten auf. Der Patient klagt typischerweise über Schmerzen im linken Unterbauch, oft kombiniert mit einem Wechsel des Stuhlverhalten, Blähungen und leichtem Fieber. Das Labor zeigt in der Regel Entzündungszeichen. Klinisch lässt sich oft ein walzenförmiger Widerstand im linken Unterbauch tasten. Analog zum Vorkommen von Divertikeln finden sich weltweit in Europa, Nordamerika und Australien die meisten Krankheitsfälle.
Wie stellt man die Diagnose einer Divertikulitis?
Die Divertikulitis und hier insbesondere die Sigmadivertikulis ist in westlichen Ländern ein sehr häufiges Krankheitsbild, so dass bei Beschwerden im linken Unterbauch immer das Vorliegen einer Divertikulitis erwogen werden muss. Häufig lässt sich die Diagnose schon in der Sonographie bestätigen. Gold-Standard der Diagnostik ist aber die Computertomographie (CT) des Bauchraums, da sich die Entzündung nicht im Darm, sondern in der Darmwand und bei Abszessen außerhalb des Darms abspielt. Eine Darmspiegelung (Koloskopie) ist in der akuten Phase kontraindiziert, und wird erst nach Abkühlung oder in der chronischen Verlaufsform durchgeführt. Nach der primären Diagnostik wird die Divertikulitis dann in Typen klassifiziert und behandelt. Grob gerastert unterscheidet man akute von chronischen und unkomplizierte von komplizierten Verläufen. Eine Sonderform stellt die Divertikelblutung dar.
Wie therapiert man eine Divertikulitis?
Eine akute, unkomplizierte Divertikulitis kann ambulant mit Entzündungshemmern und ggf. Antibiotika therapiert werden. Analgetika lindern dazu nach Bedarf die Schmerzen. Bei schweren Formen einer Divertikulitis ist eine stationäre Behandlung mit intravenöser Antibiotikagabe obligat.
Komplizierte, konservativ nicht zu bessernde oder chronisch auftretende Verläufe müssen operiert werden. Als Komplikationen können Abszesse im Bauchraum, ein Darmwanddurchbruch (Perforation), eine Einengung (Stenose oder Darmverschluss) sowie Fisteln zu Nachbarorganen (Blase) auftreten. Perforationen und Makroabszesse stellen dabei eine Lebensbedrohung dar, und müssen sofort saniert werden. Komplikationen der Divertikulitis sollten falls möglich also unbedingt vermieden werden.
Operatives Vorgehen
Bei der häufigsten Form – der Sigmadivertikulitis – wird in der Operation die Hochdruckzone Sigma entfernt, und die Enden wieder miteinander verbunden. Unter kontrollierten Bedingungen wird der Eingriff im Marienhospital Aachen zu über 90% standardisiert minimal-invasiv (laparoskopisch) vorgenommen. Die Klinik weist bei laparoskopischen Darmoperatioen eine sehr breite Erfahrung und Expertise auf und ist für diese Eingriffe als Zentrum anerkannt und extern zertifiziert.
Notfalleingriffe wie z.B. bei der freien Perforation müssen dagegen oft konventionell (offen) saniert werden. Leider ist dann in manchen Fällen auch die zeitweilige Anlage eines künstlichen Darmausgangs unumgänglich, um das Leben zu retten, weshalb ein indizierter und planbarer Eingriff zur Vermeidung dieser Eskalation nicht unnötig verschoben werden sollte.
Und nach der Operation?
Im Marienhospital Aachen werden geplante Darmoperationen nach dem Fast Track-Prinzip (auch enhanced recovery after surgery ERAS) behandelt. Der Darm muss vor der Operation nicht wie für eine Koloskopie komplett gereinigt, sondern nur mild entlastet werden. Am Abend der Operation erhält man dann schon wieder Getränke und am nächsten Tag ein leichtes Frühstück. Zur Nachbehandlung gehört auch ein festes Schmerzkonzept, so dass die Patienten im optimalen Fall um die Operation fast beschwerdefrei sind. Mit diesen Maßnahmen erreicht man eine sehr zügige Erholung, eine schnelle Darmtätigkeit und eine komfortable Rekonvaleszenz. Bei problemlosem Verlauf können die Patienten meist nach 7-10 Tagen das Krankenhaus verlassen. Zu Hause kann man normal weiterleben, besondere Einschränkungen ergeben sich aus dem Eingriff langfristig nicht. Der verbleibende Darm kann nach Rückkehr in den gewohnten Rhythmus alle Verdauungsfunktionen übernehmen. Auch eine Diät ist nicht erforderlich. Zur Metaphylaxe wird nur eine ausgewogene Kost mit hohem Ballaststoffanteil insbesondere in Form von Gemüse, Vollkornprodukten, Früchten oder Nüssen empfohlen.
Darmkrebs
Der ca. 1,5 m lange Dickdarm (Colon) bildet den unteren Verdauungstrakt. Er startet im rechten Unterbauch, wo der Dünndarm seitlich in den Anfangsteil des Dickdarms (Zökum) mündet, und umrahmt den Bauchinnenraum dann bis er in den Enddarm (Rektum) ausgeht. Anatomisch und auch chirurgisch unterscheidet man den aufsteigenden rechten Teil (Colon ascendens), den quer durch den Oberbauch laufenden Abschnitt (Colon transversum), den links wieder absteigenden Schenkel (Colon descendens) und die anschließende s-förmige Sigmaschleife (Colon sigmoideum). Dem Sigma schließt sich dann der Enddarm an, der aus mehreren Gründen medizinisch separat betrachtet werden muss. Jeder Abschnitt besitzt eine separate Versorgung mit Blut- und Lymphgefäßen, die abschnittsübergreifend individuell miteinander verbunden sind.
Die Hauptfunktion des Dickdarms ist die Rückresorption von Wasser und Elektrolyten, wodurch der flüssig einmündende Dünndarmstuhl im Laufe der Passage durch den Dickdarm eindickt. Dazu kommen ca. 100 Billionen Bakterien, die als natürliche Flora den ganzen Magen-Darm-Trakt besiedeln, am häufigsten aber im Kolon zu finden sind. Die Bakterien synthetisieren Vitamine (B und K), spalten Nährstoffe, begrenzen und bekämpfen pathogene Bakterien, reifen das Immunsystem, mindern Allergien und unterstützenden den Transport durch Volumen. Die Schleimhaut des Darms ist durch ihre Aufgaben einer hohen physikalischen und chemischen Belastung ausgesetzt. Wie viele andere belastete Körpergewebe muss sie sich deshalb häufig erneuern.
Warum entwickelt sich Dickdarmkrebs?
Atypische Körperzellen entstehen bei Fehlern in der Zellteilung vor allem im Rahmen regenerativer Prozesse. Deshalb sind Gewebe mit einem hohen Erneuerungsbedarf besonders anfällig. Die eigentliche Gene, die Onkogene, sind in jeder Zelle vorhanden, aber blockiert. Erst der Teilungsfehler ermöglicht die Entblockung und das Ablesen der Onkogene, die dann den Fehler produzieren. Häufig entwickelt sich danach zunächst Vorstufen, die noch nicht bösartig sind. Im Dickdarm sind diese Vorstufen die Dickdarmpolypen oder besser Adenome. 90% des Dickdarmkrebses entsteht aus einem solchen Adenom, nur ca. 10% der Tumoren folgen echten Gendefekten. Diese sogenannte Adenom-Karzinom-Sequenz ist die wissenschaftliche Grundlage für die Empfehlung der Koloskopie (Darmspiegelung) als Darmkrebsvorsorge, denn die Vorstufen sind oft endoskopisch abtragbar.
Der wichtigste Risikofaktor für Darmkrebs ist das Alter. Die Fallrate steigt ab 50-55 Jahren exponentiell an. Dazu unterstützen externe Faktoren wie Nikotin, Übergewicht, Bewegungsmangel, übermäßiger Alkoholkonsum und eine zu fleischstarke und ballaststoffarme Ernährung die Krebsentwicklung. Auch lange nicht ausreichend behandelte chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie die Colitis ulcerosa und der M. Crohn erhöhen das Risiko.
In Deutschland kommt es pro Jahr zu ca. 60.000 Neuerkrankungen und ca. 26.000 Todesfällen. Die Letalität übertrifft damit deutlich viele andere Todesursachen wie z.B. den Straßenverkehr mit 3.700 Opfern pro Jahr. International liegt Deutschland mit diesen Zahlen wie auch die anderen westlichen Industrienationen damit im oberen Drittel. In Afrika und Asien tritt Darmkrebs dagegen deutlich seltener auf.
Die verschiedenen Darmabschnitte weisen unterschiedliche Adenom- und Krebsraten auf. Ca. 70-80% der Tumoren treten in Sigma und Rektum auf. Die anderen Dickdarmteile sind deutlich seltener befallen. Allerdings steigen mittlerweile die Zahlen im rechten Colon ascendens.
Was sind verdächtige Symptome?
Darmkrebs kann lange unerkannt bleiben. Das Leitsymptom ist der Nachweis von Blut im Stuhl. Dazu Veränderungen der Stuhlgewohnheiten, ungewollte Gewichtsverluste, ein Leistungsabfall, nächtliches Schwitzen und auch die Blutarmut eine damit verbundene Luftnot unter Belastung.
Wie stellt man die Diagnose?
Zur Erstuntersuchung gehört die Austastung des Enddarms. Goldstandard der Diagnostik ist aber die Darmspiegelung (Koloskopie). Als einfacher Suchtest kann der Stuhl auch zunächst auf versteckte, optisch nicht erkennbare Blutanteile getestet werden. Bei hartem Verdacht ersetzt der Test eine Koloskopie aber auf keinen Fall. Nur bei erschwerten Bedingungen in der Spiegelung sind indirekte Darmuntersuchungen sinnvoll.
Wurde ein Darmtumor gefunden, muss die Ausdehnung der Erkrankung bestimmt werden. Die Spiegelung wird dann um eine Schnittbildgebung (CT, MRT) ergänzt, um die Tumorgröße abzuschätzen und Tochtergeschwülste (Metastasen) zu erkennen oder auszuschließen. Metastasen treten bei Darmkrebs neben Lymphknoten vor allem in Leber und Lunge auf.
Wie behandelt man Darmkrebs?
Die beste Behandlungsmethode von Darmkrebs ist die Operation. Nur die operative Entfernung des Tumors mit seinem Lymphabstrom kann die Erkrankung wirklich heilen. Dabei wird der betroffene Darmabschnitt radikulär, d.h. mit seiner Gewebswurzel, welche die Lymphgefäße trägt, reseziert. Da die Blutversorgung parallel verläuft, ergibt sich der onkologischen Vorgabe die Lymphknoten und -gefäße mitzunehmen, der Umfang der Darmresektion. Tumoren im rechten Darmbereich werden deshalb z.B. mit einer Hemikolektomie rechts, Tumoren im Sigma mit einer Sigmaresektion beantwortet. Nach der Entfernung werden die Darmenden entweder über eine Naht oder eine Klammerung wieder miteinander verbunden. Ein künstlicher Darmausgang ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.
Tumorperationen am Dickdarm werden in ausgewiesenen Zentren auch minimal-invasiv (laparoskopisch) vorgenommen. Das Marienhospital verfügt auf diesem Feld über eine sehr breite, überregional bekannte Expertise. Laparoskopische Darmeingriffe zur Behandlung von Darmkrebs werden an allen Lokalisationen routinemäßig durchgeführt. Die Klinik ist sowohl in der laparoskopischen OP-Technik als auch als Darmzentrum extern zertifiziert.
Und nach der Operation?
Im Marienhospital werden geplante Darmoperationen nach dem Fast Track – Prinzip (auch enhanced recovery after surgery ERAS) behandelt. Der Darm muss vor der Operation nicht wie für eine Koloskopie komplett gereinigt, sondern nur mild entlastet werden. Am Abend der Operation erhält man dann schon wieder Getränke und am nächsten Tag ein leichtes Frühstück. Zur Nachbehandlung gehört auch ein festes Schmerzkonzept, so dass die Patienten im optimalen Fall um die Operation fast beschwerdefrei sind. Mit diesen Maßnahmen erreicht man eine sehr zügige Erholung, eine schnelle Darmtätigkeit und eine komfortable Rekonvaleszenz. Bei problemlosem Verlauf können die Patienten meist nach 7-10 Tagen das Krankenhaus verlassen. Eine langfristige Diät ist so gut wie nie erforderlich.
Ist die Behandlung nach der Operation abgeschlossen?
Wenn der Tumor nicht zu weit fortgeschritten war und komplett entfernt wurde, ist die Krebstherapie abgeschlossen. Der Patient begibt sich danach über 5 Jahre in eine Nachsorge, die meist vom Hausarzt gesteuert wird. Bei fortgeschrittenen Tumoren kann eine begleitende Chemotherapie empfohlen werden. Ziel einer solchen Ergänzung ist es, möglicherwiese verbliebene, mikroskopische Tumorzellreste zu zerstören. In selteneren Fällen kann eine Chemotherapie die Operation auch vorbereiten, z.B. um den Tumor zu verkleinern. Für eine Chemotherapie wird häufig ein Portkatheter eingesetzt, über den sehr komfortabel Medikamente oder Nährlösungen appliziert werden können. Der kleine Eingriff dauert ca. 15 Minuten und kann auch ambulant vorgenommen werden.
Enddarmkrebs
Der ca. 1,5 m lange Dickdarm (Colon) bildet den unteren Verdauungstrakt. Er startet im rechten Unterbauch, wo der Dünndarm seitlich in den Anfangsteil des Dickdarms (Zökum) mündet und umrahmt den Bauchinnenraum dann bis er in den Enddarm (Rektum) ausgeht. Anatomisch und auch chirurgisch unterscheidet man den aufsteigenden rechten Teil (Colon ascendens), den quer durch den Oberbauch laufenden Abschnitt (Colon transversum), den links wieder absteigenden Schenkel (Colon descendens) und die anschließende s-förmige Sigmaschleife (Colon sigmoideum). Dem Sigma schließt sich dann der Enddarm an, der anatomisch und medizinisch gesondert betrachtet werden muss. Jeder Abschnitt besitzt eine separate Versorgung mit Blut- und Lymphgefäßen, die abschnittsübergreifend individuell miteinander verbunden sind.
Als Enddarm (Rektum) oder auch Mastdarm bezeichnet man die untersten ca. 12-15 cm des Dickdarms. Sie liegen außerhalb des Bauchinnenraums und sind im Gegensatz zum restlichen Dickdarm nicht von einer äußeren Hüllschicht, der sogenannten Serosa umkleidet. Der Enddarm ist stattdessen in einen Fettmantel eingehüllt, dieses Mesorektum beinhaltet auch den Lymphabstrom. Dem Rektum schließt sich der Analkanal an, der nach unten vom After (Anus) abgeschlossen wird.
Die wesentliche Funktion des Rektums stellt die Sammlung des Stuhls bis zur Stuhlentleerung (Defäkation) dar. Eine Verdauungsleistung erbringt das Rektum mit Ausnahme einer begrenzten Wasserrückresorption ansonsten nicht. Dazu ist der Enddarm für die Kontinenz zuständig. Die Kontinenz, also das unwillkürliche und willkürliche Halten des Stuhls bis zur Entleerung wird dabei durch das Zusammenspiel verschiedener Organsysteme im tiefen Becken erreicht, die man als Kontinenzorgan zusammenfasst. Zum Kontinenzorgan gehören der innere und äußere Schließmuskel des Rektums, die Muskulatur des Beckenbodens, die hämorrhoidealen Gefäßpolster, die sensible Haut des Analkanals und das Nervengeflecht des Beckens.
Warum entwickelt sich Enddarmkrebs?
Die Genese von Enddarmkrebs gleicht der Entwicklung von bösartigen Tumoren im restlichen Dickdarm. Atypische Körperzellen entstehen bei Fehlern in der Zellteilung vor allem im Rahmen regenerativer Prozesse. Deshalb sind Gewebe mit einem hohen Erneuerungsbedarf besonders anfällig. Die eigentliche Gene, die Onkogene, sind in jeder Zelle vorhanden, aber blockiert. Erst der Teilungsfehler ermöglicht die Entblockung und das Ablesen der Onkogene, die dann den Fehler produzieren. Häufig entwickelt sich danach zunächst Vorstufen, die noch nicht bösartig sind. Im Dick- und Enddarm sind diese Vorstufen die Polypen oder besser Adenome. 90% des Dick- und Enddarmkrebses entsteht aus solchen Adenomen. Diese sogenannte Adenom-Karzinom-Sequenz ist die wissenschaftliche Grundlage für die Empfehlung der Koloskopie (Darmspiegelung) als Darmkrebsvorsorge, denn die Vorstufen sind oft endoskopisch abtragbar.
Der wichtigste Risikofaktor für Enddarmkrebs ist das Alter. Die Fallrate steigt ab 50-55 Jahren exponentiell an. Dazu unterstützen externe Faktoren wie Nikotin, Übergewicht, Bewegungsmangel, übermäßiger Alkoholkonsum und eine zu fleischstarke und ballaststoffarme Ernährung die Krebsentwicklung. Auch lange nicht ausreichend behandelte chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie die Colitis ulcerosa und der Morbus Crohn erhöhen das Risiko. Die verschiedenen Darmabschnitte weisen unterschiedliche Adenom- und Krebsraten auf. Ca. 70-80% der Tumoren treten in Sigma und Rektum auf.
Was sind verdächtige Symptome?
Die Leitsymptome von Enddarmkrebs sind der Nachweis von Blut im Stuhl, Blutabgänge beim oder auch außerhalb des Stuhlgangs sowie Veränderungen der Stuhlform oder -konsistenz. Bleistiftförmige Stühle oder ein Wechsel von Verstopfung und Durchfall sind immer verdächtig. Dazu kommen bei fortgeschrittenem Leiden ungewollte Gewichtsverluste, ein Leistungsabfall, nächtliches Schwitzen oder auch die Blutarmut.
Wie stellt man die Diagnose?
Zur Erstuntersuchung gehört die Austastung des Enddarms. Goldstandard der Diagnostik ist wie bei der Abklärung des Dickdarms die Endoskopie. Zur Beurteilung des Enddarms reicht dabei eine Rektoskopie (Enddarmspiegelung), umfassender und damit immer vorzuziehen ist aber die komplette Darmspiegelung (Koloskopie). Als einfacher Suchtest kann der Stuhl auch zunächst auf versteckte, optisch nicht erkennbare Blutanteile getestet werden. Bei hartem Verdacht ersetzt dieser Test aber auf keinen Fall eine Endoskopie. Nur bei erschwerten Bedingungen in der Spiegelung sind indirekte Darmuntersuchungen sinnvoll.
Wurde ein Enddarmtumor gefunden, muss die Ausdehnung der Erkrankung bestimmt werden. Die Spiegelung wird dann um eine Schnittbildgebung (CT und MRT) ergänzt, um die Tumorgröße abzuschätzen, die Tiefenausdehnung zu erkennen und Tochtergeschwülste (Metastasen) aufzuspüren erkennen oder auszuschließen. Metastasen treten bei Enddarmkrebs neben Lymphknoten vor allem in Leber und Lunge auf. Von besonderer Bedeutung beim Enddarmkrebs ist dabei auch der Abstand des Tumors zum Schließmuskelapparat.
Wie behandelt man Enddarmkrebs?
Die beste Behandlungsmethode von Enddarmkrebs ist die Operation. Nur die operative Entfernung des Tumors mit seinem Lymphabstrom im Mesorektum kann die Erkrankung wirklich heilen. Dabei wird das Rektum mit seiner Gefäßwurzel und dem umgebenden Fettzylinder (Mesorektum), welche die Lymphgefäße und -knoten tragen, entfernt. Nach der Entfernung werden die Darmenden – so möglich - entweder über eine Naht oder eine Klammerung wieder miteinander verbunden. Dieser Verbindung der Darmenden sind im Enddarmbereich technische Grenzen gesetzt. Sehr tief gelegene Befunde erfordern die komplette Enddarmentfernung, der obere Darmschenkel muss dann als dauerhafter künstlicher Ausgang (Stoma) ausgeleitet werden. Da dem Rektum aber die äußere Umhüllung durch die Serosa fehlt, sind Darmnähte im Enddarmbereich mit einer im Vergleich zum restlichen Dickdarm höheren Rate an Undichtigkeiten belastet. Deshalb werden tiefe Nahtverbindungen zur Unterstützung der Heilung häufig zeitweilig mit einem künstlichen Darmausgang geschützt, der aber nach Heilungsabschluss einige Wochen später in einer zweiten Operation wieder zurückverlegt werden kann. Sehr kleine und sehr tiefe Tumoren kann man auch über den Enddarm (transanal) ausschneiden. Dieses deutlich einfachere Vorgehen ist ausgesuchten Fällen vorbehalten.
Tumoroperationen im Enddarmbereich werden nur in ausgewiesenen Zentren minimal-invasiv (laparoskopisch) vorgenommen. Das Marienhospital verfügt auf diesem Feld über eine sehr breite, überregional bekannte Expertise. Laparoskopische Darmeingriffe zur Behandlung von Darmkrebs werden an allen Lokalisationen routinemäßig durchgeführt. Die Klinik ist sowohl in der laparoskopischen OP-Technik als auch als koloproktologisches Darmzentrum extern zertifiziert.
Wann wird Enddarmkrebs mit einer Bestrahlung behandelt?
Tief und nah am Schließmuskelapparat gelegene oder sehr große Tumoren des Enddarms können präoperativ vorbestrahlt werden, um die Ausdehnung zu verkleinern und Abstand zum Schließmuskel zu gewinnen. Die Entscheidung, eine solche neoadjuvante Strahlentherapie durchzuführen, erfolgt im interdisziplinären Beschluss auf der Basis der nationalen und internationalen Empfehlungen und unter Berücksichtigung des Individualfalls. Die Strahlentherapie wird immer mit einer Chemotherapie kombiniert. Die Operation erfolgt dann nach Therapieabschluss und einer kurzen Erholung.
Und nach der Operation?
Im Marienhospital werden geplante Darmoperationen nach dem Fast Track – Prinzip (auch enhanced recovery after surgery ERAS) behandelt. Der Darm muss vor der Operation nicht wie für eine Koloskopie komplett gereinigt, sondern nur mild entlastet werden. Am Abend der Operation erhält man dann schon wieder Getränke und am nächsten Tag ein leichtes Frühstück. Zur Nachbehandlung gehört auch ein festes Schmerzkonzept, so dass die Patienten im optimalen Fall um die Operation fast beschwerdefrei sind. Mit diesen Maßnahmen erreicht man eine sehr zügige Erholung, eine schnelle Darmtätigkeit und eine komfortable Rekonvaleszenz. Bei problemlosem Verlauf können die Patienten meist nach 10-12 Tagen das Krankenhaus verlassen. Eine langfristige Diät ist so gut wie nie erforderlich.
Ist die Behandlung nach der Operation abgeschlossen?
Wenn der Tumor nicht zu weit fortgeschritten war und komplett entfernt wurde, ist die Krebstherapie abgeschlossen. Der Patient begibt sich danach über 5 Jahre in eine Nachsorge, die meist vom Hausarzt gesteuert wird. Bei fortgeschrittenen Tumoren kann eine begleitende Radio-Chemotherapie oder alleinige Chemotherapie empfohlen werden. Ziel einer solchen Ergänzung ist es, möglicherweise verbliebene, mikroskopische Tumorzellreste zu zerstören. Für eine Chemotherapie wird häufig ein Portkatheter eingesetzt, über den sehr komfortabel Medikamente oder Nährlösungen appliziert werden können. Der kleine Eingriff dauert ca. 15min, und kann auch ambulant vorgenommen werden.
Eine alltagstaugliche Kontinenz kann auch bei tiefen Anschlüssen erreicht werden. Allerdings wird die Gesamtleistung immer etwas verschlechtert, da die Sammlungsfunktion des Enddarms nicht komplett ersetzt werden kann. Die präoperative Kontinenzleistung, die gerade bei älteren Patienten bereits vermindert sein kann, spielt deshalb bei der Auswahl der onkologisch radikalen, aber auch alltagstauglichen Therapie eine wichtige Rolle.